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Festakt für Georg Murra-Regner

Die Übergabe des Bundesverdienstkreuzes durch Landrat Olaf Meinen an Georg Murra-Regner erfolgte am Montag den 27. Februar in Dornumergrode, wohin der Landrat Freunde des Geehrten und Lokalpolitik Dornums einlud.

Wir sprachen mit Georg Murra-Regner und erfuhren gleich den Handlungsstrang eines weiteren Buches des Autors, was bald erscheinen dürfte.

Interview mit Georg Murra-Regner, Dornum, Hans-Joachim Steinsiek
Georg Murrar-Regner neben seiner Gattin Frau Margitta Regner, rechts im Bild Landrat Olaf Meinen, links Bm Uwe Trännapp, bei Festakt am 27. 2. 23 in Dornumergrode. (Foto: copyright, Mathias Regner)

zur Vita:

Murra-Regner, Georg

geb. 15.12.1949 in Pilsum

Anschrift: Schulweg 6, 26553 Dornum

Schilderung der Verdienste:

In den Achtziger Jahren war es das Bestreben von Georg Murra-Regner, der 1975 nach Dornum zog, wo seine zukünftige Ehefrau als Lehrerin arbeitete, und einigen engagierten Bürgern aus Dornum, das schon sehr verfallene Gebäude, das als einziges von zwölf Synagogen in Ostfriesland erhalten geblieben war, zu erhalten und als Gedenkstätte einzurichten.

Am Aufbau von jüdischen Ausstellungen und der Einrichtung des Raschi-Hauses in Worms hatte er während seines Aufenthaltes in Frankfurt rege teilgenommen. Zudem hatte er jüdische Führungen durch das ehemalige Wormser-Ghetto, über den jüdischen Friedhof „Am Heiligen-Sand“ und in Michelstadt, Odenwald, mit durchgeführt.

Am 19. Februar 1990 kam es dann zur Gründung des Fördervereins „Synagoge Dornum“, zu dessen Vorsitzenden er gewählt wurde. Dieses Amt führt er ununterbrochen bis heute aus. Er repräsentiert den Verein und hat seine Arbeit der kleinen ehemaligen Synagoge und dem Kampf gegen den Antisemitismus gewidmet. Die meisten Mitglieder des Vereins wohnen weit entfernt von Ostfriesland und haben nicht die Möglichkeit, sich durch Tätigkeiten einzubringen.

Am 15. Dezember 1991 fand die Übergabe der 1841 erbauten und nun restaurierten Synagoge statt.

Im März 1992 wurde die erste Dauerausstellung in der Synagoge eröffnet und in den folgenden Jahrzehnten immer wieder durch neue Exponate ergänzt. Alle Ausstellungsstücke befinden sich im Privatbesitz von Georg Murra-Regner, die er unentgeltlich dem Verein leiht. Es ist somit die größte jüdische Ausstellung weit über Ostfriesland hinaus.

Die Ausstellung dokumentiert die jüdische Geschichte und Kultur im Laufe von 350 Jahren und beschränkt sich nicht nur auf die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Besonders werden die jüdische Religion und das Alltagsleben der Juden dargestellt. Zahlreiche Exponate widmen sich dem Leben von Mitgliedern der ehemaligen jüdischen Gemeinde Dornums bzw. Ostfrieslands.

Seit 1992 haben mehr als 150.000 Besucher die ehemalige Synagoge besucht, was vor allem Georg Murra-Regner zu verdanken ist, der an jedem Wochenende und im Sommer auch an Wochentagen die Synagoge geöffnet hat; im Jahr verbringt er viele Stunden in dem Gebäude. Die Besucher erhalten zahlreiche Informationen über die Exponate und das jüdische Leben.

Zusätzlich führt er die Besucher durch die Herrlichkeit Dornum und zu den Stätten der ehemaligen jüdischen Nachbarn, der Erlös kommt allein dem Verein „Synagoge Dornum“ für die Unterhaltung der Gedenkstätte zugute.

Auch um die Pflege und Erhaltung des jüdischen Friedhofs ist er sehr bemüht, 1984 ließ er auf eigene Kosten einige Grabsteine wiederaufrichten. Jahre später wurde unter seiner Mitarbeit der Friedhof neu eingezäunt und der Eingangsbereich neu gestaltet.  Am Samstag und an jüdischen Feiertagen verschließt er das Friedhofstor und öffnet es nach den jüdischen Feiertagen wieder.

Bedingt durch die Corona-Pandemie war die Synagoge zeitweise geschlossen und Führungen fanden nur unter den gegebenen Bedingungen statt.

Georg Murra-Regner ist fast täglich zu erreichen, schaut jeden Tag in der Synagoge nach, ob alles in Ordnung ist und kümmert sich um die Handwerker bei Ausführung von Reparaturen.

Im Laufe der Jahre organisierte er zahlreiche Ausstellungen, u.a. Werke des jüdischen Malers Ber Warzager, Graphiken von Judith Pins, Ricardo Fuhrmann, Hermann Struck, Max Liebermann,  eine Ausstellung über jüdische Friedhöfe, über die Marranen „Taufe oder Tod?“, über die Familie Cohen aus Dornum „Wer war Ari Cohen?“ sowie „Die Familie Weinthal- das Schicksal einer jüdisch-ostfriesischen Familie“, sowie die Familie Wolffs. Außerdem richtete er gemeinsam mit Almut Holler vom Verein „Synagogenweg Norden“ eine große Ausstellung im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ aus und hielt dazu Vorträge über die Kabbala und Juden in Deutschland.

In den letzten Jahren wurde er mehrmals in verschiedenen Städten zu Vorträgen eingeladen.

Die Ausstellung „Die Dornumer Synagoge brannte nicht“ ist zurzeit in der Synagoge zu sehen.

Außerdem organisierte er mehrere jüdische Konzerte: „Jüdische Liturgie“ mit Künstlern aus Amsterdam, zwei Trios aus Wien mit jiddischer Musik und einem Chor aus Dortmund, der jüdische Lieder vortrug.

Ferner hielt er zahlreiche Vorträge vor Schulklassen, kirchlichen Gruppen und Interessierten über jüdisches Leben und Religion. Weiterhin hielt er Vorträge über die Entstehung der Herrlichkeit Dornum, sowie über die Sturmfluten an der ostfriesischen Küste, besonders von 1717.

Er legt besonderen Wert darauf, dass ehemalige jüdische Bürger und Nachfahren Dornum bzw. Ostfriesland besuchen und kennenlernen. So war Dan Cohen aus Israel in Dornum, bis zu seinem Tod 2015, ein jährlich wiederkommender häuslicher Gast. Häufig kam auch Dr. Ernst Rose, Sohn des letzten Synagogenvorstehers Wilhelm Rose, 1931 in Dornum geboren, gest. 2013, mit seiner Mutter aus den USA, sowie auf Einladung von Murra-Regner Aviva Kleinman, Tochter von Hugo Abrahams aus Dornum, in Esens geboren, mit ihrer Familie aus Tel Aviv nach Dornum und Esens.  Auch Enkel und Urenkel der Familie Wolffs aus Südafrika waren auf den Spuren ihrer Vorfahren bei Murra-Regner in Dornum und besuchten die Synagoge, wo ihr Urgroßvater einst Synagogenvorsteher war, sowie den jüdischen Friedhof, auf dem noch die Gräber der Vorfahren zu finden sind. Immer wieder erhält er Besuch von ehemaligen jüdischen Familien aus Argentinien, die Aurich, Norden oder Esens, die Städte ihrer Vorfahren, besuchen.

Regelmäßig öffnet Georg Murra-Regner am „Tag des offenen Denkmals“ ganztägig die Türen der Synagoge. Auch der Gedenktag zum Pogrom vom 9. November 1938 wird in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Dornu, auf dem Marktplatz am Mahnmal, das von Georg Murra-Regner initiiert wurde, gestaltet.

Murra-Regner schrieb bisher 20 Bücher über jüdische Themen, die teilweise vom Verein „Synagoge Dornum“ herausgegeben wurden, sowie weitere zehn Bücher über das Leben in Dornum und Ostfriesland, unter anderem über  die Hexenverfolgung „Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen und „ Zeit-Jahr- und Tage- Weiser“ des Harlingerlandes, deren Erlös aus dem Verkauf ebenfalls vollständig dem Verein zugutekommt. Sein letztes Buch „Manentes – Die Bleibenden“ erschien 2022. Murra-Regner beschreibt die Geschichte und das Leben der ostfriesischen Juden nicht losgelöst von der allgemeinen Geschichte und Entwicklung Ostfrieslands bzw. Deutschlands.

In wenigen Wochen wird ein fertiggestelltes Manuskript über die Familie Cohen, die nachweislich mehr als 250 Jahre in Neustadt Gödens an der „schwarzen Brak“ und in der „Herrlichkeit Dornum“ lebte, in Druck gehen.

Wir wünschen Georg Murrar-Regner weiterhin viel Erfolg und persönlich ihm und seiner Familie alles Gute!

בריאות וכל טוב. שלום