Eine Dornumerin verspürte am letzten Sonntag Schmerzen in einem Auge, dumpfen Kopfschmerz und bemerkte eine plötzliche Sehstörung mit „Verschattungen“. Ein Zustand, der sicherlich von jedem als beängstigend wahrgenommen wird. Anlaß genug nach direkter ärztlicher Begutachtung zu suchen, denn auch jeder Arzt wird bestätigen müssen, daß sich hinter den Symptomen eine Reihe von akuten Erkrankungsbildern verstecken können, die der unmittelbaren ärztlichen Abklärung bedürfen. Nicht so einfach in Ostfriesland, wie sich bald herausstellte. Die Dame hatte bisher noch keinen Augenarzt in der Region besucht und Telefonanrufe bei niedergelassen Ärzten endeten mit Hinweisen auf den Folgetag zumeist auf Anrufbeantwortern. Augenärzte fanden sich auch nicht bei den zunächst angesprochenen Krankenhäusern der Umgebung, immerhin dort der Hinweis auf die „116117“ wo man wohl Informationen erlangen könne. Doch hier gab es dann eine herbe Enttäuschung. Nach einer eingehenden Befragung zur Abklärung, ob es sich überhaupt um einen dringenden Notfall handele, durchgeführt durch eine Bürokraft mit vorliegendem Fragbogen…“können sie den Schmerz auf einer Skala von 1- 10 bestimmen“ und ähnlich pauschalen Fragen, kam der „Rat“ der Dame. Man möge doch mal im Internet „googeln“ ob sich ein Augenarzt fände, den man telefonisch direkt ansprechen solle.. Eine Rückfrage, was das nächstgelegene Krankenhaus mit einer Augenabteilung sei, brachte die Telefonisten am anderen Ende aus der Fassung. Man könne ja selber mal „rumtelefonieren“, sie sei ja nicht ortskundig.
Diese Erfahrung führte dann zur letzten Idee, gleich die „112“ anzurufen. Dort hatte der wachführende Feuerwehrmann jedenfalls das richtige Gespür und stellte fest, daß das nächste Krankenhaus mit einem Augenarzt in Oldenburg liegt. Über eine Stunde Fahrzeit, in unserem konkreten Fall durch den bereiten Ehemann direkt angetreten. In der Oldenburger Pius-Klinik fand sich dann ein Augenarzt zur einleitenden Behandlung des Notfalls. Hier erfuhr die Patientin dann auch durch den Aufnahmearzt, daß die Augenärztliche Vereinigung eine Notfallpraxis vorhalten muss. „116117“ konnte dies jedenfalls nicht ermitteln und war für diesen Fall nichts als eine Zeitverschwendung. Nun interessant in diesem Kontext auch, daß der Entlassungsbericht den Zustand der Patientin als „Notfall“ dokumentiert. Nur so wird sich nun wohl für die angeordneten Nachkontrollen ein niedergelassener Augenarzt sich nicht auf seinen übervollen Terminkalender berufen können.
In Deutschland dürfen nur zwei Berufe legal Diagnosen im Bereich der Medizin stellen. Heilpraktiker und Ärzte. Letztere auch rechtlich auf der Basis des Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz), § 1. Dort heißt es im § 1 Absatz 2: „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“
Also eine Diagnose, am Telefon per Fragekatalog um die Dringlichkeit und Behandlungsnotwendigkeit durch eine Hilfskraft per Telefon festzustellen, ggf. die richtigen Erstmaßnahmen einzuleiten, dürften nicht unter diese gesetzliche Norm fallen. Eine Gegebenheit, die in Anbetracht des Ärztemangels in Ostfriesland sicherlich politische Beachtung finden sollte. Der vorliegende Fall führt zur Erkenntnis, dass direkte Krankenhausnachfrage und ggf. die „112“ zielführendere Schritte als die Beanspruchen der ahnungslosen 116117 sein kann. Der Terminus „Gefahr für die Volksgesundheit“ entstammt übrigens auch dem normgebenden Heilpraktikergesetz, wo der hier erfahrene Sachverhalt wohl unter dem Terminus ausgeschlossen werden soll.
(stk.)