Weihnachten kann hart sein. Für Menschen, die den Bezug auf das Fest eigentlich nur noch mit Kindheitserinnerungen verbinden, oftmals auf sich gestellt durchs Leben gehen und bereits Wochen vor dem eigentlichen „Fest“ allerorten mit Konsum- und Kaufangeboten traktiert wurden. Die heutige Nachricht am 1. Weihnachtstag, dass der Einzelhandel jammert und deutlich schlechter als in Vorjahren abgeschnitten habe, offenbart den Mechanismus. Weihnacht spricht ein Auditorium an, dass sich nicht mit den überzeugten Gläubigen zufrieden stellt, sondern an die Klasse (soziologische Bestimmung) der Kauffähigen richtet. Deprimierend für die, die innerhalb dieser Klasse nur wenig zur Verfügung haben und Rausch für die, die im Überfluss leben. Dieses jährliche Ritual kombiniert mit einer Konditionierung süßer Friedfertigkeit, die im Gegensatz zur realen Welt steht, ist nicht für jeden erträglich. Je nach Persönlichkeitsstruktur kann diese Spannung krank machen. Uns Praktikern sind die Anrufe während der Festtage vertraut, Menschen, die einfach nicht wissen, wie sie sich in dieser Zeit verhalten sollen und mehr oder weniger deprimiert am Rande stehen. Ein Phänomen, das sich nicht auf Prädikate wie „alt“, „allein“, „verarmt“ reduzieren lässt.
Zwar gibt es von religiösen Gruppen Angebote an „Weihnachtskreisen“ und Veranstaltungen teilzunehmen, doch trifft das nur Menschen, die noch irgendeinen Bezug zu diesen Gruppierungen haben. Was rät man also Menschen, die sich in dieser Zeit betroffen fühlen und allenfalls sich einkapseln? Hier einige Ratschläge, die ich in meiner praktischen Arbeit Klienten und Patienten häufig mit auf den Weg gebe:
- Weihnachten ist kein „Muss“! Die täglichen Nachrichten zeigen ihnen, die Welt ist nicht besser als zuvor und Weihnachten ist nicht allen Menschen dieses Planeten geläufig. Wenn sie keinen Bezug zu Weihnachten haben, ignorieren sie es doch einfach. Ihnen wird ein Kaffeekränzchen mit Baum und süßer Musik nicht helfen, sondern ihre Empfindungen eher negativ verstärken.
2. Erlauben sie sich mal etwas allein zu tun. Machen sie doch mal etwas, was bisher zu kurz kam und ihnen nach vollbrachter Tat Befriedigung verschafft. Das kann für einen Hobbybastler das Aufräumen der Werkstatt sein, genau wie der Griff in die Strickkiste oder die Beschäftigung mit einem früher mal gespielten Instrument. Kurzum, etwas mit den Händen tun und die Außenwelt draußen lassen.
3. Lesen oder Musik hören, allerdings ohne Weihnachtsbezug. Musik kann gefährlich sein, wenn sie eben süße Weihnachtsbotschaften trägt und vielleicht noch Erinnungen an liebliche Kindertage gerade jetzt weckt. Versuchen sie nicht etwas zurück zu holen, was vergangen. Gestalten sie ihr „Jetzt“, es gehört ihnen und sie bestimmen was sie in „ihrer“ Zeit machen.
4. Bestimmen sie ein Datum nach (!) dem Fest, an dem sie Rückschau halten. Ist es in dem Jahr gut gelaufen, hatte ich Kontrolle über meine Gefühle? Keine Flucht in Alkohol oder willenlosen Fernsehkonsum? Gelang es mir die Zeit für mich aktiv zu gestalten? Gegebenenfalls, was kann ich für die Zukunft daraus lernen?
5. Wenn es nicht gelang, scheuen sie sich nicht Hilfe anzunehmen. Vermeiden sie dabei Gurus und selbsternannte Helfer. Es ist kein Privileg der gutgestellten Oberschicht einen professionellen Therapeuten aufzusuchen.
Autor: Hans-Joachim Steinsiek, Dipl.-Sozialarbeiter, Heilpraktiker
Praxis für Psychosozialtherapie und Naturheilkunde Dornum, Telf. 0163-6664443, Konsultationen nur nach telefonischer Absprache.