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Landtagswahl Niedersachsen 2022 Wahlen

Niedersachsenwahl könnte erhebliche Auswirkungen auf Berlin haben.

Wechselwähler zeigen ihr Potential

Herbe Verluste bei CDU und FDP und die wahrscheinliche Wiederauflage von Rot-Grün dürften auch in Berlin aufhorchen lassen. Niedersachsens Wahl macht den Atomausstieg leichter und dürfte die Diskussion über den Langzeit-Wiedereinstieg in diese gefahrvolle Technologie beenden. Mit Rot-Grün wird es für Niedersachsen nur die Option Erneuerbare Energien geben. Die CDU stürzt in eine Identitätskrise, denn die konventionelle Annahme, ein agrarischer Flächenstaat und Landwirtschaft seien der Humus für Christdemokratische Wählervoten gilt nicht mehr. Ähnlich ist das Befinden der Freien Demokraten, die sich vorwerfen lassen müssen nicht mehr den Mittelstand überzeugen zu können. Bleiben dann noch die ca. 11 Prozent für die AfD, die wohl das Sammelbecken für Unzufriedenheit gewesen sein dürfte. Von ihr und ihrem putinfreundlichem Auftreten ist die Mehrheit nicht überzeugt. Man darf getrost davon ausgehen, dass die etwa 11 Prozent von Wählern, die hier ihre Stimme eingesetzt haben, diese Gruppierung aus bloßem Trotz gegenüber dem Regierungshandeln in Berlin wählten. In praktisches Parlamentsgestalten lässt sich mit 11 Prozent wenig bewirken. Für die FDP ist Niedersachsen zu einem Wendepunkt geworden. Sie fürchtet zum Zeitpunkt dieses Kommentars um ihren Wiedereinzug in das Landesparlament.

Weil kann sich nun Zeit lassen, und im konkreten Fall Niedersachsen wird die Regierungsbildung durchaus etwas Zeit brauchen. Sehr schnell wird die Tagespolitik das Wahlkampfgeplänkel hinter sich lassen und sich den drängenden Problemen in der jetzigen Konfliktzeit zuwenden müssen. In CDU-Kreisen ist allerdings erstmal das Wundenlecken angesagt. Althusmann an der Spitze der CDU hat bereits seine Entscheidung getroffen. Er legte verbal seine Ämter bereits am Wahltag nieder.

(stk)

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Landtagswahl Niedersachsen 2022 Wahlen

Nicht erdulden, „wahlhandeln“!

Wahlbaustein 2 zur Niedersachsenwahl 2022

Können Sie sich ihren Wunschkandidaten auf einem Wahlplakat in einem Wartezimmer abgebildet vorstellen? Kein Wahlkampfstratege käme auf die Idee einen auf „sorgend“ getrimmten Politiker in die Höhle der Verzweifelung zu treiben. Dabei ist das die Realität der Ostfriesen. Glück zu haben überhaupt einen Arzt zu erreichen. „Wartezeiten“ sind hier Alltag. Nicht nur in diesem Handlungsfeld zeigt sich die Fragwürdigkeit von Wahlkampfaussagen. Sie wollen etwas an den Wähler bringen und gehen eben nicht davon aus, was die Realität der Wähler bestimmt. Ich bin sicher, dass Herr Weil keine Halbjahresfristen bei einem Augenarzt akzeptieren muss, seine Bürger kennen dies aber aus leidvoller Erfahrung. Wovon soll der Bürger sich in wenigen Tagen leiten lassen, wenn er formal alle Macht im Lande hat?

Wir haben schon in unserem ersten Wahltipp einige Fragen aufgeworfen, mit denen man das eigene Handeln überprüfen kann. Da stand an erster Stelle die Warnung sich nicht von Gewohnheiten in die Irre führen zu lassen. Politik sollte weder von Gewohnheiten, noch von Ideologien geleitet sein. Natürlich entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass konservative Kreise gerade den Begriff „Ideologie“ als Kampfschrei gegen auf Veränderung drängende Kräfte benutzt. Dabei ist augenscheinlich, dass das Verharrenwollen in ausgelebten politischen Strukturen eine „Ideologie“ darstellt und auch blind macht gegenüber den Ansätzen, die den veränderten Erfordernisse der Zeit entsprechen wollen. Heute haben wir einen begrenzten politischen Entscheidungsraum. Als mir einst der sozialdemokratische aus Norddeutschland stammende Politiker Jochen Steffen als jungem Menschen den Satz, „du wirst noch eine Zeit erleben, in der die Politik nicht mehr handelt, sondern reagiert…“, mitgab, konnte ich noch nicht annähernd ahnen, das in der Deutlichkeit heute erleben zu müssen. Ich benutzte diesen Satz als Frage in vielen Interviews mit Politikern der verschiedenen Parteien, u. a. dem heutigen Bundespräsidenten. Letzterer hatte sich zu Beginn von Putins verbrecherischem Krieg in bemerkenswerter Deutlichkeit für die jahrelange Fehleinschätzung der geopolitschen Lage entschuldigt. Unsere heutige Abhängigkeit ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis einer Ideologie, die uns das süße Gift der blinden Vertrauensseeligkeit bescherte. Daher rührt die heutige Notwendigkeit auf Korrektive zu bauen. Die Zeit von Einparteienregierungen ist vorbei und der Wähler hat seine Macht durch Wechselwahlverhalten begriffen.

Für Niedersachsen ist die zu erwartende Konstellation begrenzt. Bei den großen Parteien ist es müßig die Unterschiede zu betonen. Auch die Absichtserklärungen sind wenig relevant, denn die Regierung hatte lange genug Zeit ihre Zielstellung unter Beweis zu stellen. Interessant wird dagegen das Abschneiden der notwendigen Koalitionspartei, die ggf. als Königsmacher auftreten kann. Und hiervon wird es abhängen, ob Niedersachsen wirklich und endlich vom Atomstrom wegkommt und seine regenerative Neuausrichtung zum Modell entwickeln kann. Die Atomlasten werden ohnehin eine Bürde, die man derzeit gern verdrängt. Niedersachsens morgige Entscheidung wird für die Bundespolitik bedeutsam. Bleibt nur zu hoffen, dass die Realitätsverweigerer von der rechten Ecke nicht zu vielen Wählern Sand in die Augen streuen konnten.

Gehen Sie wählen und handeln Sie, die Demokratie lebt vom Wechsel und sollte keine behäbigen Berufspolitiker erzeugen. Jedem Politiker sollte bewußt sein, dass sein Amt nur ein temporärer Auftrag ist. Zu welchen Auswüchsen „Politkarrieren“ führen können, durfte gerade Niedersachsen mit seinem Exkanzler erfahren haben.

Inwieweit persönliches Handeln zu Wahlerträgen führt oder herangezogen wird, werden wir in wenigen Stunden bei den üblichen Wahlrechtfertigungen bestaunen dürfen.

(stk)