Neue Ausstellung der AG Kunst im Elisabeth-Anna-Palais Am 20. Februar wurde vor rund 70 Gästen eine neue Ausstellung im Elisabeth-Anna-Palais in Oldenburg (Schlosswall 16) eröffnet. Gezeigt werden Arbeiten von Eckhard Dörr, der als einer der renommiertesten Künstler der Region gilt. Nach einer Begrüßung durch den stellvertretenden Direktor des Sozialgerichts, Andreas Tolkmitt, führten Inge von Danckelman und Dr. Martin Feltes in die Ausstellung ein. Um die Stadt und um das Land kreist in dieser Ausstellung das künstlerische Werk von Eckhard Dörr, wobei beide Themenfelder fast immer miteinander verwoben sind. Durch die Überlagerung von Stadtsilhouetten mit Landschafts- und Tiermotiven entsteht der Eindruck des Surrealen, was durch außergewöhnliche Proportionen und Perspektiven noch unterstützt wird. Hier spiegelt sich das malerische Können und die Experimentierfreude des Künstlers, dem vor allem das Wechselspiel der Farben ein malerisches Anliegen ist.Eckhard Dörr (geb.1946) hat an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und ist Meisterschüler von Gerhard Richter. Seit 1983 lebt und arbeitet er in Oldenburg. Arbeiten des Malers und Medienkünstlers befinden sich in bedeutenden Museumssammlungen. Die Ausstellung ist bis zum 22.05.2024 zu sehen. Details zur AusstellungEckhard Dörr – „S T A D T_L A N D“Ausstellung im Elisabeth-Anna-Palais (Sozialgericht), Schloßwall16vom 21.02. bis 22.05.2024.Öffnungszeiten:Mo – Do von 9-15 Uhr, Fr von 9-12 Uhr. | ||
Einführung in die Ausstellung mit Texten von Inge von Danckelman und Dr. Martin Feltes, AG Kunst der Oldenburgischen Landschaft Ein paar Worte zum Künstler und seiner Arbeitsweise:Inge von DanckelmanEckhard Dörr, geboren 1946 in Rünthe bei Hamm, hat an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert und schloss 1976 sein Kunststudium als Meisterschüler bei Gerhard Richter ab. Danach hat er noch einige Jahre am Kunstbetrieb am Rhein teilgenommen ehe er 1983 mit seiner Familie nach Oldenburg zog, wo er bis heute lebt und in seinem schönen Atelier mitten im Grünen jenseits großstädtischer Enge arbeitet. Bei unserem Atelierbesuch waren wir besonders beeindruckt von einer Spiegelkonstruktion im Garten mit der er den Himmel in seiner Unendlichkeit in seinen Garten und damit auf die Erde holt. Fragmente dieses weiten Wolkenhimmels finden sich in vielen seiner Werke.In Oldenburg macht er sich lokal und überregional einen Namen, gründet Künstlergemeinschaften, bleibt politisch aktiv, nimmt Lehraufträge an und entwickelt sich weiter. Zeigten die Bilder nach der Akademiezeit ruhige, verhalten kritische Stadtansichten, so gewann Dörrs Malerei gegen Ende der 70er Jahre an dynamischer Farbigkeit. Expressive Darstellungen und Bildreihen mit gleichmäßigen Farbstreifen oder ruhigen Farbflächen charakterisieren Eckhard Dörrs Malerei der 80er und 90er Jahre. Gleichzeitig gewann das Material, auf dem der Künstler arbeitete, größere Bedeutung:Zu Leinwand, Nessel, Molton kamen nach der Jahrhundertwende bemalte Kleinbilddias, mit denen große bewegte Projektionen an die Wand geworfen werden. Auch Computer-Ausdrucke dienten als Motivspender und Malgrund.Unzweifelhaft hat Eckhard Dörr ein eigenständiges Oeuvre geschaffen, das sich gegen jede Einordnung sperrt und darum mit jedem Bild Aufmerksamkeit fordert. „Keine Schublade will passen“ so beschrieb es ein Rezensent. (NWZ 2018). Seine Werke stecken voll subtiler Gesellschaftskritik, die oft erst bei näherer Betrachtung deutlich wird. Er bringt sein Gefühl auf Papier – und nutzt Zufälle. So sucht und findet er und fängt an – ohne zu wissen, wo er aufhört. Das Unbekannte treibt ihn um. Allgemeine Einführung in das WerkDr. Martin Feltes Ja, aber was ist Kunst eigentlich? „Ich weiß nicht, was Kunst ist. Aber wenn ich es wüsste, würde ich es keinem verraten.“soll der spanische Künstler Pablo Picasso gesagt haben. Aus der Vielzahl der Definitionen, was Kunst ist, kann keine wirklich befriedigen. Denn eine faszinierende Vielschichtigkeit prägt das Phänomen der Kunst, was jedoch kein Mangel ist, sondern die Werthaltigkeit der Kunst aufleuchten lässt. Natürlich stellen sich damit das Problem, die Gefahr und der berechtigte Vorwurf der bloßen Beliebigkeit. Ist Kunst also eine reine Geschmacksfrage? Und was sind Merkmale einer guten Kunst? Mit Blick auf die künstlerische Position von Eckhard Dörr helfen hier vielleicht dreiKriterien. Das StaunenDie Begegnung mit Kunst ist immer ein sinnliches Erleben, das uns anregt, die Augen zu öffnen. Und gute Kunst erleben wir dann, wenn sie eine Anziehungskraft hat, wenn sie uns fesselt, uns berührt, wenn sie uns Staunen lässt. Wir staunen über die Malerei von Eckhard Dörr, die vor allem durch die Kraft der Farbe und durch das Malen in Schichten geprägt ist. Schon ein kurzer Blick auf die in dieser Ausstellung zusammengeführten Gemäldespiegelt das sichere Gespür des Malers für den Klang und die Materialität der Farben. Durch den Wechsel pastos oder lasierend aufgetragener Farbfelder sowie durch die Transparenz der Farbflächen entsteht eine tiefe unfassbare Räumlichkeit. Es entstehen Lichträume in einer vibrierenden Lebendigkeit, wobei die Farben imEigenlicht leuchten und Energiezentren der Bildkomposition sind. Aber nicht nur das Malen schichtenweise, nicht nur der Kontrast von Dichte und Transparenz, sondern auch das Verweben von abstrakten Farbfeldern und figürlichen Motiven sind wesentliche Spannungselemente in der Malerei von Eckhard Dörr, die uns staunen lässt. Das GeheimnisvolleEin Kunstwerk darf sich nicht auf dem ersten Blick erschließen, sondern muss immer wieder neu auch bei größter Vertrautheit zur Betrachtung und zur Deutung einladen. Es muss einen geheimen Zauber sowie eine Aura des Geheimnisvollen ausstrahlen, was in dem malerischen Werk von Eckhard Dörr gefühlt und erahnt werden kann. Denn wenn sich der Künstler malerisch mit den Motiven von Stadt und Land auseinandersetzt, haben diese Stadtlandschaften nie den Charakter des Pittoresken, Gefälligen und Eindeutigen. Nur schemenhaft sind die Stadtsilhouetten z.B. von Oldenburg, Emden oder Wilhelmshaven zu erkennen, wobei abstrakte, sich überlagernde Farbschichten sowie Architekturfragmente das gesehene Motiv verunklaren. Dieser Eindruck wird durch waghalsige Perspektiven sowie durch den Bruch mit den klassischen Proportionsregeln verstärkt, so dass der Betrachter irritiert und zu einer immer neuen visuellen Entdeckungsreise in seiner Phantasie angeregt wird. Und noch spannender und aufregender wird diese Entdeckungsreise, wenn ein übergroßer Fisch mit diesen Stadt- und Flusslandschaften verwoben wird, der im malerischen Werk von Eckhard Dörr Leitmotiv und Bedeutungsträger ist. Denn Spuren der Verwesung prägen das Lebenssymbol des Fisches, womit auf die Verseuchung unserer Flüsse, auf die Naturzerstörung und Naturentfremdung des Menschen angespielt wird. Und noch auf eine weitere Bedeutungsebene ist aufmerksam zu machen: Wenn historische Bezüge zeichenhaft ins Bild gesetzt sind, werden die Stadtlandschaften zu Geschichtslandschaften. In dieser Vielschichtigkeit prägt eine Atmosphäre des Wunderlichen, Unwirklichen und Traumhaften das malerische Werk von Eckhard Dörr – eine Aura des Geheimnisvollen. Die AuthentizitätDas dritte und vielleicht wichtigste Merkmal einer guten Kunst ist das Kriterium der Authentizität und der Ehrlichkeit, das wir dankbar auch für das künstlerische Werk von Eckhard Dörr feststellen können. Ohne auf den Kunstmarkt und das Publikum zu schielen, ohne sich an modische Trends der Kunstszene zu orientieren, hat der Vollblutmaler mit Konsequenz und Stringenz seine individuelle künstlerische Position entwickelt. Diese kann in verschiedene Phasen eingeteilt werden, wie sie schon nachgezeichnet wurden. Und betont wurde auch: Seine künstlerische Position lässt sich nicht in ein Schublade einordnen oder einem Ismus der Kunstgeschichte zuschreiben, was nicht nur Kunsthistoriker verunsichert. So sehen wir in dieser Ausstellung neben den Stadtlandschaften Beispiele aus der Werkgruppe der Streifenbilder mit ihrer radikalen Befreiung von mimetischen oder erzählerischen Momenten. In horizontaler Reihung wird das Motiv des Horizonts als unfassbare Grenze zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt addiert, womit der meditative Charakter der Arbeit anklingt. Im Kontrast zu dieser abstrakten Phase stehen Bilder als konkrete Seherlebnisse, wie das so delikate Gemälde mit einer Interpretation von „Häusern an der Lochnerstraße“. In dem sensiblen Klang der Farben und der ausgewogenen Komposition der Hausarchitekturen atmet dieses menschenleere Gemälde eine Atmosphäre der Stille und der Einsamkeit. Gerade in dieser Vielfalt der Stile spiegelt sich die Authentizität der Kunst von Eckhard Dörr, wobei die Untersuchung der Farbe, die Suche nach neuen Herausforderungen sowie die Experimentierfreude des Künstlers die verbindende Konstante und der rote Faden in seinem malerischen Werk sind. Seine Gemälde sind höchst sinnliche Erlebnisse, die uns staunen lassen, die zur inhaltlichen Deutung einladen und ein ehrlicher Spiegel des Künstlers und der Welt sind. Und auch wir können uns in den Werken mit unseren Empfindungen und Gedanken spiegeln, wie mit dem Blick auf zwei Gemälde von Eckhard Dörr deutlich wird … Besprechung von zwei Gemälden Inge von Danckelman Schauen wir zum Beispiel auf das große Bild Jadelandschaft 1 aus dem Jahr 2022, Mischtechnik auf Nessel. (wenn man das Erdgeschoss betritt links) Beim ersten Blick sind es die leuchtenden Farben und die Größe des Werkes, die einen in den Bann ziehen. „Farbe ist eine Kraft, die die Seele direkt beeinflusst“ das hat schon Wassily Kandinsky erkannt. Der ästhetische Reiz setzt sich bei genauerem Hinschauen fort. Dörr fordert den Betrachter durch versteckte Gestaltungsebenen heraus mit einer Technik des Übereinanderblendens. So gibt es immer weiter Neues zu entdecken. So zeigt dieses Werk Anteile eigenen Erlebens des Malers in der Landschaft rund um den Jadebusen mit Hervorhebung der Stadt Wilhelmshaven. Auf der rechten Hälfte des zweiteiligen Bildes oben erkennt man den Preußenadler als Hinweis auf die Entstehungsgeschichte von Wilhelmshaven: Anlässlich des Besuchs von König Wilhelm dem Ersten von Preußen 1869 zur Grundsteinlegung der Elisabethkirche (heutige Christus- und Garnisonkirche) wurde der Hafen inklusive der anschließenden Siedlung eingeweiht und auf den Namen „Wilhelmshaven“ getauft. Ein weißer Kormoran überdeckt den martialisch anmutenden Adler. Weiß als Farbe des Friedens und der Unschuld nimmt dem Adler damit seine Gefährlichkeit. Die Zerstörung der Stadt im 2. Weltkrieg wird durch Kriegsschiffe und explodierende Gebäude angedeutet. Auf der linken Bildhälfte oben finden Sie den bereits angesprochenen weiten Himmel. Darunter sieht man ein Flugzeug. Was fällt Ihnen bei Flugzeug und Jadebusen ein? Richtig: der Ort Dangast und damit Franz Radziwill und dessen Bild „Todessturz Karl Buchstätters“. Radziwill hat den tödlichen Absturz des Piloten Karl Buchstätter 1911 als Augenzeuge miterlebt. Die Stadtlandschaft wird zur Geschichtslandschaft. Das gilt auch für das große Bild: Emslandschaft 1, aus dem Jahr 2021, Acryl und Edding auf Leinwand (zwischen den beiden Kaminen): Es erzählt von Johannes a Lasco – ein aus Polen stammender Reformator, der im 16. Jahrhundert in Emden wirkte und sich für die Stadt verdient gemacht hat. Man muss schon sehr genau hinschauen, um Johannes a Lasco verpixelt in den Wolken zu sehen. Ein weiterer Hinweis auf ihn ist die Ruine der Großen Kirche, die heutige Johannes a Lasco – Bibliothek in Emden. Weiter sieht man die Kräne von Emden, das Wasser und auch hier wieder den sich lang dahin schlängelnden Fisch. Auch bei diesem Werk hat Eckhard Dörr die Farbe über Wochen dünnflüssig auf das auf dem Boden liegende Bild aufgebracht So sucht sich die Farbe die Form und den Weg und wird manchmal durch leichtes Anheben des Malgrundes gelenkt. So bringt Dörr Lebendigkeit in seine Bilder, denn „das gemalte Bild war ihm nie dynamisch genug“, wie er selber sagt. Sowohl die Jadelandschaft als auch die Emslandschaft strahlen eine Atmosphäre der Rätselhaftigkeit aus. Sie sind magisch, surreal und vielschichtig. Eckhard Dörr legt in seinen Bildern mehrere Elemente und Erzählebenen übereinander, verfremdet Effekte und schafft andere, neue Perspektiven auf unterschiedlichen Zeit- und Raumebenen. Ich glaube, schon mit diesen wenigen Hinweisen wird deutlich, wie viele Erzählebenen und Geschichten in den Werken enthalten sind. Tauchen Sie ein in die Bilder. Es geht nicht unbedingt darum, etwas zu erkennen oder zu erahnen, was denn der Künstler uns wohl sagen will. Es geht vielmehr um das eigene Empfinden, um das, was das Bild beim Betrachtenden auslöst. Je mehr sich das Auge einlässt und bekannte Deutungsmuster aufgibt, je mehr Raum entsteht für freie Assoziationen und Gefühle. Probieren Sie es aus. Gehen Sie mit Ihren Augen spazieren in den Bildern und entdecken Sie Überraschendes. |
Bildnachweis: SozialgerichtQuerformat von links nach rechts: Dr. Martin Feltes, Inge von Danckelman (beide AG Kunst derOldenburgischen Landschaft), Eckhard Dörr (Künstler), Andreas Tolkmitt, Stellvertretender Direktordes Sozialgerichts, Dr. Franziska Meifort Direktorin der Oldenburgischen Landschaft und Prof. Dr. UweMeiners (Präsident der Oldenburgischen Landschaft)Hochformat von links nach rechts: Inge von Danckelman, Dr. Martin Feltes, (beide AG Kunst derOldenburgischen Landschaft), Eckhard Dörr (Künstler), Andreas Tolkmitt, Stellvertretender Direktordes Sozialgerichts, Dr. Franziska Meifort Direktorin der Oldenburgischen Landschaft und Prof. Dr. UweMeiners (Präsident der Oldenburgischen Landschaft)